Chemnitz sehen und verstehen – Rückblick auf die stadtgeographische Exkursion im Oktober

Frank Feuerbach hatte geladen und neun Unerschrocke machten sich auf bei kühlem Herbstwetter und strahlendem Sonnenschein, um Chemnitz zu Fuß zu erkunden – und der ehemalige und der aktuelle Professor für Wirtschaftsgeographie vom Institut für Geographie waren mit von der Partie.

Text und Bilder von Jürgen Manthey (Exkursionsteilnehmer)

Die Geschichte der Stadt Chemnitz reicht bis ins 12. Jh. zurück. Auf dem Schloßberg bauten Benediktiner ein Kloster und legten in der Niederung Fischteiche an. Einer ist als Schlossteich noch erhalten und wurde von uns in einem hübschen Park in Augenschein genommen. Das Kloster wurde säkularisiert und durch den sächsischen Kurfürsten umgebaut. Am Hang vom Schlossberg liegen Fachwerkhäuser, allesamt als Restaurants genutzt.

Eines mit dem Namen „Schloßvorwerk“ verrät die ehemalige Funktion. Ein zweiter Siedlungskern von Chemnitz liegt nahe des gleichnamigen Flüsschens. Dort siedelten sich um einen Markt herum Kaufleute und Handwerker an und umgaben ihre Stadt mit einer Mauer. Der Rote Turm ist der letzte noch erhaltene Wehrturm der mittelalterlichen Stadt.

Im 19. Jahrhundert entstanden zahlreiche Fabriken, was Chemnitz den Titel „Sächsisches Manchester“ einbrachte, und durch den Einwohnerzuzug vergrößerte sich die Stadt sprungartig. Neben dem alten Rathaus am Markt wurde ein neues, größeres gebaut.

Am Ende des 2. Weltkrieges wurde besonders das innere Gebiet von Chemnitz stark zerstört. Der Wiederaufbau zu DDR-Zeiten ignorierte bewusst die frühere Straßenführung und kleinteilige Gebäudestruktur. Aus dieser Zeit erhalten sind zahlreiche Gebäude in Großblockbauweise, weite Plätze und gerade Magistralen.

Nach der Wiedervereinigung 1990 korrigierte man den innerstädtischen Straßenverlauf teilweise. Die partielle Neubebauung erfolgte durch Stararchitekten, aber leider wenig kleinteilig, wie man sehr gut an einem Stadtmodell im Technischen Rathaus feststellen kann, zu dem uns Frank die Türen aufschloss. Nach erfolgter Sanierung und Neugestaltung versammelt der Markt ein buntes Sammelsurium von Gebäuden aus der Renaissance bis zur Gegenwart.

Infolge von Deindustrialisierung und Suburbanisieung seit 1990 kam es zu einem hohen Leerstand in der Kernstadt. Zur Stärkung innerstädtischer Quartiere setzte neben einem Neubau verstärkt Altbausanierung ein. Letztere hatte zu DDR-Zeiten, wie andernorts auch, praktisch gar nicht stattgefunden. So wurden ab 1990 Fabriken zu Wohngebäuden ausgebaut, andere abgerissen und zu einem Park umgestaltet. In die gründerzeitliche Markthalle zog u. a. ein Fahrradladen ein.

Am Sonnenberg, in einem der ausgedehnten Gründerzeitviertel rund um die innere Stadt, zeigen sich neue Wege der Stadtsanierung, die den Leerstand erfolgreich reduzieren.

So stellte uns Frank eine Strategie vor, die Grundstückseigentümer, potentielle Investoren und die Verwaltung besser mit einander vernetzen und die beispielhaft ist innerhalb der EU. Es gibt zahlreiche Nachahmer und ein reger Erfahrungsaustausch findet statt. Als Beispiel einer innovativen Nachnutzung besuchten wir die Baustelle eines lange leer stehendenden Gebäudes, das nach aufwendigem Umbau neben Wohnungen auch eine Aquaponic-Anlage beherbergen wird: Fische im Keller düngen Obst und Gemüse in einem hofseitigen Gewächshausturm.

So konnten wir die bewegte Entwicklung einer spannenden Stadt exemplarisch nachvollziehen, die Frank mit zahlreichen Anekdoten lebendig und nachvollziehbar werden ließ.

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