Fotowettbewerb 2012 „Geographie im Kleinen“

Die Vielfalt der Einsendungen unterstreicht die vielen unterschiedlichen Perspektiven in der Geographie, die Individualität des Motivs und die Bandbreite geographischer Forschung. An diesr Stelle sei nocheinmal allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Fotowettbewerb unter dem Motto „Geographie im Kleinen“ gedankt – ihr seid alle Gewinner! Hier wollen nochmal die Fotos der Plätze eins bis zehn zeigen…

Die unabhängige Jury setzte sich zusammen aus: Franziska Bader, Gernot Decker, Anna Herkelrat & Alexis Vasquez. Sie wählten aus den 18 Beiträgen zunächst die 10 besten Fotos und dann separat die Plätze eins bis drei.

Platz 1: Kristina Peters – „Man kann eine Schnecke nicht beschleunigen, nur ihre Richtung lenken“

Das Foto von Kristina Peters – Masterstudentin der Physischen Geographie – wurde, man kann es jedoch nicht erkennen, in einem Park im Juni 2012 im Leipziger Osten aufgenommen.  Die Aufnahme zeigt eine kartographisch colorierte Repräsentation  der ehemaligen sozialistischen und zentralasiatischen „mongolischen Volksrepublik“, eingeklemmt zwischen der Volksrepublik China im Süden und der Sowjetunion im Norden.  Im Vorder- wie auch im Hintergrund befinden sich zwei Schnecken. Während die Hintere sich ihren Weg von Nordosten in Richtung Südwesten schleimt, steuert die vordere Gastropoda zielgenau und mit großen Fühlern voran auf die mongolische Volksrepublik zu. Die Fotographin schreibt dazu folgendes:

[Text Foto: „[Es ist eine] Orientierung und Erkundung der Landschaft im kleinen Stil, um zu einer großen, allgemeingültigen Aussage gelangen zu können.“]

Juryurteil: Bei dieser Aufnahme war sich die Jury sofort einig: hier wird das Große im Kleinen offenbart, komplexe geographische Zusammenhänge in sich vereint und vor allem: es erzählt uns eine eindrucksvolle Geschichte, die mehr noch ist als die Erkundung einer schleimigen Schnecke auf einem veralten Globus. Das Foto – welches wir ebenso für seine fotographische Qualität loben möchten – deuten wir vor allem vor dem Hintergrund geopolitischer Zusammenhänge – kaum erfassbare und machtvolle Geographien im Großen – die uns hier als Geographien im Kleinen staunen und erschaudern lassen.

 

Platz 2: Frank Feuerbach – „Politische Geographie im Kleinen“

Bei diesem Foto von Frank Feuerbach wird ein Baum im Stadtzentrum von Podgorica – seit 2006 die jüngste Hauptstadt Europas – gezeigt. An diesem Baum hängen Todesanzeigen. Der Fotograph schreibt dazu folgendes:

[Text Foto: „[Die Aufnahme] verdeutlicht im Kleinen die Gegenwart und das zeitgeschichtliche Erbe des Landes. Bei näherem Hinsehen ist erkennbar, dass auf den Todesanzeigen nicht nur ein Passbild des Verstorbenen, sondern auch entweder ein roter Stern oder ein orthodoxes Kreuz zu sehen ist. Der Stern macht den Lesern ersichtlich, dass der Tote ein Kommunist war. Das orthodoxe Kreuz symbolisiert die Mitgliedschaft bei den Tschetnik – einer antikommunistischen, ultranationalisitischen Miliz. Beide Gruppen kämpften gegen die Nazis. Lange Zeit unterdrückt, formierten sich die Tschetnik erst nach dem Zerfall des sozialistischen Jugoslawien während des Bürgerkiegs der 1990er Jahre neu. Beide Bewegungen eint ihre unrühmliche Geschichte, aber auch, dass sich Montenegro mit dem Tod der Alten Kader emanzipieren kann, alte Wunden heilen und scharfe Trennlinien zwischen den Bürgen und Völkern des Balkans verflachen“]

Juryurteil:

Es war vor allem dieses Foto unter den 18 Einsendungen, welches uns mit den Todesanzeigen am Baum am meisten befremdet hat. Doch genau hier lag der Reiz für uns, denn es sorgte für vielerlei Diskussion und Mutmaßungen, wie dies nun mit der Geographie im Kleinen in Beziehung zu setzen ist. Dabei gaben uns insbesondere die mit einem roten Stern oder einem schwarzen Kreuz signierten Anzeigen Rätsel auf.  Erst die Beschreibung zum Foto konnte die Puzzleteile der Mutmaßungen zusammensetzen. Auch wenn wir damit nichts über die einzelnen, bewegenden Geschichten der Verstorbenen erfahren werden, so lassen uns die Symbole als Geographien im Kleinen die Verbindung zwischen diesen Menschen erahnen. Alles hängt irgendwie mit allem zusammen.

 

Platz 3: Philipp Adler – „Die Geographie am Keimling“

Bei diesem Foto von Phillip Adler handelt es sich um eine Detail-Aufnahme eines Mooswaldes in der großen Säure im Westerzgebirge nahe Carlsfeld. Die kleine Figur, die zusätzlich über Photoshop eingearbeitet wurde, ist Ronny Schmidt bei der Feldarbeit in Freienorla. Der Fotograph schreibt zu seinem Bild folgendes:

[Text Foto: „Zu eurem Thema „Geographie im Kleinen“ hatte ich sofort viele solche Bilder im Kopf. Erstmal trivial. Aber ich mag Macro-Aufnahmen und den kleinen relativierenden Blick in eigentlich bekannte und trotzdem fremde Welten. Das Große im Kleinen und [umgekehrt], Sonnenwind, splash erosion und Kationenaustausch. Und dann ist da plötzlich nichts mehr trivial. Oder gerade doch? Ich hatte jedenfalls Spaß mit Photoshop.“]

Juryurteil: Dieses Foto erweckte bei der Jury unter den 18 Einsendungen den freudigsten Schmunzler. Interessant ist dabei v.a. die Verwirrung des Betrachters über den zuerst vermeintlich sehr groß erscheinenden Baum gegenüber einem kleinen, arbeitenden Menschen. Hergestellt wird dabei ein Natur-Kultur-Verhältnis, welches auf den ersten Blick der Natur und ihrer Mächtigkeit den Vorrang überlässt. Auf einen zweiten Blick kehrt sich dieses Verhältnis jedoch um: der vermeintlich große Baum wird zum klitzekleinen Keimling, dessen Überleben davon abhängt, ob das nahende Bohrgerät seine Wurzeln verfehlt. Das Foto ist somit mehr als nur eine Geographie am Keimling. Es lässt uns Gedankenspielräume für viele Geographien im Kleinen wie auch im Großen.

4. Platz: Nina Eißner

Geographie ist die Wissenschaft, die sich mit der räumlichen Struktur und Entwicklung der Erdoberfläche befasst.“: Bodenbeschaffenheit und Landkarten – das ist die simple Auffassung von Geographie. Doch Geographie beschreibt auch, wie sich das menschliche Handeln auf die Umwelt auswirkt. In den Medien geht man dabei aber kaum von einem harmonischen Zusammenleben, sondern von Überbevölkerung, Urbanisierung und Umweltverschmutzung aus. So wissen wir, dass wir anfangen müssen, auf unserer Erdoberfläche aufzuräumen, auch wenn die Erde groß ist. Da den Anfang zu finden ist schwer und so zeigen meine Bilder, wie man klein anfängt: Geographie im Kleinen.

5. Platz: Anja Lorber

Unsere Kinder sind es, die in Zukunft auf dieser Erde leben werden. Wie unsere Welt dann aussehen wird, das steht in den Sternen. Noch scheint diese ungewisse Zukunft in weiter Ferne zu liegen, aber unsere Nachfahren strecken bereits die Hände aus. Wir müssen die Erde so behandeln, dass sie auch für unsere Kinder und Kindeskinder lebenswert ist. Wird uns das gelingen?
Es ist nicht schwer, jeden Tag etwas Lebens- und Erhaltenswertes zu entdecken. Hier können wir viel von unseren Kindern lernen: schon für uns selbstverständliche kleine Dinge wie eine Schnecke am Wegesrand oder ein Stock, der von der Elster bis in die Nordsee schwimmt, sind für Kinder faszinierend. Auf diesem Gebiet, der „Geographie im Kleinen“ sind sie uns meilenweit voraus und wir können und sollten viel von ihnen lernen.

6. Platz: Andreas Sachse

Irgendwo In der Puszta Nahe Hortobágy. In diesem Teil Ungarns sind die Entfernungen zwischen den Siedlungen oft groß. Wer keinen fahrbaren Untersatz hat ist auf den ÖPNV angewiesen um die Strecken zu überwinden.Auch wenn das Häuschen es nicht vermuten läßt, so wird es doch bedient und bietet, wenn schon keinen ausreichenden Wetterschutz, wenigstens eine Sitzgelegenheit.

7. Meike Grimm

Aufnahmeort: Cluj-Napoca (Rumänien)

Gründe für die Auswahl des Motivs:
‐ vernetzte Kulturlandschaft
‐ Landschaftsästhetik
‐ typisch nicht West-, Zentral-, und Nordeuropa

8. Platz: Maria Peter

Ausgewählt wurde das Bild für das Thema „Geographie im Kleinen“ da in der Geographie, wie auch in nahezu allen anderen Wissenschaften, es meist so ist, dass man Bestehendes genau analysieren muss, um auf Zukunft und zukünftige Zustände zu schließen. Erst wenn man genauer hinschaut und sich länger mit einem Thema/Gegenstand beschäftig, kann man eventuell die kleinen Anfänge von etwas Neuem erkennen und beobachten. Auch damals in der Frühlingskälte am Lübbesee musste man die Umgebung länger als nur ein paar Sekunden studieren, sich weit herunterbeugen, nah herangehen. Zunächst sieht man nur alte braune Blätter, bis sich plötzlich die noch kleinen Strukturen von etwas Neuem abzeichnen.

9. Platz: Simon Schmidt

Geographie im Kleinen bedeutet die Wahrnehmung von kleinen Einzelereignissen um ein Verständnis für eine große Regelhaftigkeit und mehr Verantwortung zu entwickeln.
Kleine Ereignisse mit großen Auswirkungen für die Natur-Umwelt-Beziehung.
Diese beispielhaft kontroversen, kleinen Momentaufnahmen, entstanden in Folge von Starkregenereignissen auf dem Campus des Instituto politécnico de Bragança, Bragança und im Bezirk Loures in der Nähe von Lissabon, Portugal.

10. Marco Holzheu

Das beliebte Gesellschaftsspiel „Siedler von Catan“ stellt auf eindrucksvolle Weise geopolitische Entscheidungen nach. Der Kampf um Rohstoffe, Handelsmonopole und die militärische Hoheit stellen sowohl im Spiel als auch in der realen Welt wichtige Ziele dar, die den eigenen Herrschaftsanspruch festigen und ausbauen sollen.

Diese strategischen Ansprüche und unterschiedlich entwickelten Szenarien werden real, anschaulich und vereinfacht auf Karten dargestellt. Sie werden dabei oft mit religiösen Bezügen aufgeladen und begründet nur um sie schlussendlich mit militärischen Mitteln umsetzen zu können.

Teile solcher Karten sind auf dem Spielfeld abgebildet um die strategischen Entscheidungen im „kleinen“ mit den Entscheidungen im „Großen“ in Verbindung zu setzen.

 

Die Jury hatte wirklich keine leichte Aufgabe, weshalb auch alle anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch einmal namentlich erwähnt sein: Gaby Meißner, Manuel Emmelmann, Miriam Posselt, Johannes Schmidt, Patrick Schmidt, Ronny Schmidt, Jessica Stubenrauch, Josephine Umlauft. Vielen Dank nochmal – ihr seid alle Gewinner!

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