Kasachstanexkursion 2013 – mit der GeoWerkstatt die Welt entdecken

Wüsten und Oasen, Steppen und Hochgebirge, unendliche Weiten und eine pulsierende Millionenstadt – Kasachstan Exkursion 2013

Vom 25.09. bis 05.10.2013 fand im Rahmen des TEMPUS I-Web Projekts „Integrated water cycle management; building capability, capacity and impact in Education and Business“ und in Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig, der Al-Farabi Kazakh National University in Almaty sowie der GeoWerkstatt Leipzig e.V. unsere Exkursion nach Kasachstan statt. Wir, sieben Studierende aus Leipzig und Almaty, die Doktoranden Chr. Schneider und R. Schmidt sowie die Dozenten PD Dr. B. Meyer (Leipzig), Tugelbaev Sanat und Prof. Vilesov Evgenii (Almaty), haben uns aufgemacht, das riesige Land mit seinen unendlichen Weiten zwischen dem Kaspischen Meer im Westen sowie dem Altai und dem Tien Shan-Gebirge im Osten zu entdecken.

Exkursionsgruppe Kasachstan 2013

Text und Bilder von den TeilnehmerInnen der Kasachstan-Exkursion

Ziel der Reise war die Beobachtung und Charakterisierung verschiedenster Landschaftszonen in Abhängigkeit sich ändernder, vor allem klimatischer Umwelteinflüsse. Da Kasachstan mit seiner riesigen Fläche von 2.717.300 km2 zahlreiche Naturräume, beispielsweise Steppen, Wüsten, Halbwüsten und Hochgebirge, sowie Salzseen und Sümpfe, beherbergt, gab es einiges zu tun. Ebenso stark lag unser Fokus darauf, Veränderungen in den Wasserkreisläufen der verschiedenen Gebiete, zum Beispiel durch intensive Landwirtschaft und planmäßige Bewässerung, festzustellen und zu erklären sowie uns mit dem Wassermanagement vor Ort vertraut zu machen. Auch Relief, Geomorphologie, Temperatur, Niederschlagsverhältnisse, die Landnutzung und der Mensch als beeinflussender Geofaktor wurden wiederkehrend diskutiert.

Exkursionsgruppe im Ile-Alatau Nationalpark – auf dem Bergpass am „Big Almaty Lake“ in unmittelbarer Nähe zur Grenze nach Kirgistan

Von der ehemaligen Hauptstadt Kasachstans – der sehr lebendigen, imposanten und zugleich staubigen Metropole Almaty – ging es in Begleitung eines Kollegen und zwei Studentinnen vom Institut für Geographie der Al-Farabi Kazakh National University in den südlich von Almaty gelegenen Nationalpark Ile-Alatau. Auf unseren Bergwanderungen durch das nördliche Tien Shan-Gebirge diskutierten wir über die Geologie und Entstehungsgeschichte des Tien Shan, den geomorphologischen Formenschatz und dessen Dynamik sowie die Problematik gravitativer Massenbewegungen. Besonders gut ließen sich zudem die Höhenstufen der Vegetation und die expositionsbedingten Unterschiede (spezifischer Wärme- und Wasserhaushalt) beobachten und diskutieren. In Zusammenhang mit unseren Beobachtungen stellte sich sehr oft die Frage nach den sichtbaren Auswirkungen des Klimawandels bzw. eines sich dadurch verändernden Wasserhaushaltes der Landschaft. Diese Auswirkungen des Klimawandels sind besonders eindrucksvoll an den Gletschern erkennbar, die, u.a. in Folge des Temperaturanstiegs, erheblich an Fläche und Volumen verloren haben. Aber auch die unmittelbaren Veränderungen der Landschaft durch den Eingriff des Menschen konnten beobachtet werden. Exemplarisch hierfür sind der 150 Meter hohe Damm bei Medeu, der Almaty vor Schlammlawinen schützen soll sowie der massive, auf den ersten Blick nicht sehr umweltschonend erscheinende Ausbau des Ski-Ressorts „Schymbulak“.

Exkursionsgruppe im Ski-Ressort „Schymbulak“, im Hintergrund die durch den Klimawandel stark geschrumpften Gletscher

 

Exkursionsgruppe unmittelbar vor dem abschmelzenden Gletscher

Für kasachische Verhältnisse nur einen Katzensprung entfernt liegt der Nationalpark Charyn Canyon. Der Charyn Canyon erstreckt sich über 150 km und aufgrund seiner Gestalt und dem rötlichen Gestein wird er oft mit dem Grand Canyon in den USA verglichen. Allerdings weist der Charyn Canyon im Gegensatz zum Grand Canyon ‚nur‘ Höhen zwischen 150 und 300 m auf. Unsere Erkundungstour führte uns hier durch den Canyon zum Fluss Charyn, der den Canyon formte. Bewundern konnten wir hier neben zahlreichen fantastisch anmutenden Gesteinsformationen auch tierische Bewohner, wie die eifrig herum rasenden Erdhörnchen, sowie botanische Besonderheiten, beispielsweise das für die kasachische Steppe typische Federgras, Salz ertragende Saksaul-Arten und verschiedene, an Trockenheit angepasste Ephedra-Arten. Rege Diskussionen gab es über Alter, Entstehung und Gesteinszusammensetzung des Canyons, da verschiedene Quellen unterschiedliche Aussagen trafen. Sicher ist, dass vor mehreren Millionen Jahren auf dem Gebiet des Canyons ein See existierte. Heute findet man mächtige Sandsteinablagerungen und verschiedene Konglomerate, die von Seesedimenten überlagert sind.

mit Blick von oben auf den Charyn-Canyon

Exkursionsgruppe unterwegs im Charyn-Canyon

Nachfolgend führte unsere Exkursionsroute ca. 150 km östlich von Almaty erneut ins Tien Shan-Gebirge. Für die über 320 km lange Anreise zum Nationalpark Kol’saj-Seen brauchten wir ordentlich Sitzfleisch – vor allem für die letzten 50 km über sehr schlechte Schotter- und Erdpisten! Für das individuelle Konditionstraining war fast täglich gesorgt. Während der Erste der drei Kol’saj-Seen noch mit dem Fahrzeug zu erreichen ist, können die zwei anderen Seen nur zu Fuß über einen schmalen Pfad durch das Kol’saj-Tal erreicht werden. Jedoch wurde unser äußerst anstrengender Fußmarsch durch den Nationalpark Kol’saj-Seen mit einem „erfrischenden“ Bad im zweiten der drei idyllisch gelegenen Bergseen belohnt, der eine angenehme Wassertemperatur von 10°C hatte. Wir hatten Glück, dass sich unserer Exkursionsgruppe auf dem Weg zurück nur ein Hund anschloss und keine hungrige Bärenfamilie.

Exkursionsgruppe unterwegs am Kolsai-Lake

der Mittlere der drei Kolsai-Lakes

Nachdem wir die von malerischen Panoramen geprägte Hochgebirgsregion im äußersten Südosten Kasachstans hinter uns gelassen hatten, führte uns der Weg auf oftmals sehr holprigen Pisten Richtung Norden durch das sogenannte Siebenstromland. Die alten, heute stark verfallenen Bewässerungsanlagen beiderseits der Straße zeugen – trotz erschwerter klimatischer Bedingungen – von einer ehemals intensiven land- wirtschaftlichen Nutzung des Gebietes während der Sowjetära. Bei der Überquerung des Hauptflusses des Siebenstromlandes, dem in diesem Abschnitt sehr braunen, sedimentbeladenen Ile, wurde der Konflikt um die Wasserressourcen kontrovers diskutiert. Unabhängig davon konnten wir bei unseren Stopps am Fluss die angrenzende, charakteristische Weich- und Hartholzaue genauer in Augenschein nehmen.

Gebirgszug nördlich der Kolsai-Lakes (Südost Kasachstan)

Den östlichsten Punkt der Reise erreichten wir am Rand des Altyn-Emel-Nationalparks bei den Roten und Weißen Bergen, welche aus Gipskristallen bestehen und daher ihre charakteristische Farbe haben. Beim Durchwandern der weitverzweigten Wadis in der untergehenden Sonne konnte die Erosions- und Abflussdynamik sehr anschaulich nachvollzogen werden.

die Roten und Weißen Berge östlich des Altyn-Emel Nationalparks

Ein herausragendes Highlight im Nationalpark Altyn-Emel stellte für uns die „Singende Düne“ dar, deren „Gesang“ wir nach unserem windumtosten Aufstieg durch unsere kreativen Abstiegsvarianten auslösten. Einer Legende nach befindet sich in unmittelbarer Nähe dazu – markiert durch drei riesige Menhire – eine „Feldküche“ von Dschingis Khan und seinen Truppen. Auch etwa 300 Jahre alte Weiden und eine Quelle, die heute von Wildeseln und anderen geschützten Arten genutzt werden, inmitten des semiariden Nationalpark-Gebietes, wurden von uns bestaunt und deren Ursprung diskutiert. Beim Genießen der Nachmittagssonne am Brunnen „unserer“ Oase und beim anschließenden gemütlichen Zusammensein in einer traditionellen kasachischen Jurte haben wir die Eindrücke des Tages Revue passieren lassen.

Exkursionsgruppe unterwegs im Altyn-Emel Nationalpark – Aufstieg zur „Singenden Düne“

Exkursionsgruppe unterwegsim Altyn-Emel Nationalpark – Gruppenfoto auf dem Top der Düne – ein fantastischer Rundumblick

Auf der weiteren Fahrt nach Norden erreichten wir kurz nach dem Passieren des Altyn-Emel Passes (1711 m) – von dem aus noch einmal die charakteristische Verteilung der Vegetation an den Hängen beobachtet wurde – eine stark von Landwirtschaft geprägte Region. Die riesigen, parallel angeordneten Felder, die durch als Erosionsschutz angelegte Baum- und Gebüschreihen voneinander getrennt werden, und die teilweise stark veralteten Bewässerungsanlagen lieferten uns allen Grund zur Diskussion der sozioökonomischen und ökologischen Verhältnisse, besonders unter dem Aspekt des Wassermanagements. Ein Weiterfahren war hier erst möglich, als sich die relativ zutraulichen Kamele, die teilweise am Straßenrand grasten und es offensichtlich genossen fotografiert zu werden, wieder von der Fahrbahn trotteten. Zu den weiteren Besonderheiten der Region zählten für uns die Kurgany, die Grabstätten der früheren Herrscher. Diese ragen als Hügel aus der Landschaft heraus, wobei an der Größe die Bedeutung und der Einfluss der Herren erkennbar sind.

Kamele nicht nur am Straßenrand

Auf dem Weg zu unserer letzten Station am Balchasch-See durchfuhren wir weite Teile des Ile-Tals. Dabei warfen wir einen Blick auf den Kaptschagaj-Stausee, der zum Aufstauen des Ile und somit als Wasserreservoir dient. Kurz darauf passieren wir erneut den hier sehr klaren Ile. Außerdem konnten wir auf dem Weg einen Blick auf den stellenweise von Salz verkrusteten Boden werfen, in der Ferne auf Brände hindeutende Rauchschwaden erkennen und Angler beobachten, die sich in den Schilfwäldern am Ile aufgestellt hatten.

Exkursionsgruppe und salzliebene Pflanzen im Ile-Delta

Der Ile stellt den Hauptzufluss des Balchasch-Sees dar und mündet in einem weiten Delta in den See. Dieser ist, je nach Wasserstand, um die 18.000 km2 groß und ca. 620 km lang und durch eine Einengung in der Mitte quasi zweigeteilt. Besonders ist hierbei, dass der östliche Teil Salzwasser und der westliche Teil Süßwasser enthält.

Exkursionsgruppe auf einer Bootstour zum Balchasch-See

Auf einer Bootstour entlang eines Flussarmes im Ile-Delta, die uns zum westlichen Teil des Balchasch-Sees führte, konnten wir die dichten Schilfwälder direkt am Fluss noch einmal aus nächster Nähe betrachten. Außerdem kamen uns während der Fahrt einige Fischerboote entgegen, was auf den Fischfang im See hindeutet. Die dort gefangenen Fische werden hauptsächlich in der Umgebung und in Almaty verkauft und z.T. auch nach Russland exportiert. Durch die Abzweigung von Wasser für Bewässerungsanlagen aus den Zuläufen des Sees und die Anlage des Kaptschagaj-Stausees sank der Wasserspiegel des Sees bereits. Man kann nur hoffen, dass dem See nicht das gleiche Schicksal droht, wie dem ebenfalls in Kasachstan liegenden Aralsee.

aufgegebenen landwirtschaftliche Flächen am Balchasch-See inkl. stummer Zeugen einer anderen Zeit

Anschließend ging es erschöpft, teilweise verschnupft, aber voller spannender Eindrücke auf den langen Weg zurück nach Almaty, um dort noch den „Kök Bazar“ – den Grünen Markt – nach Mitbringseln zu durchstöbern und einen letzten gemeinsamen Abend zu verbringen.

irgendwo in Kasachstan – Exkursionsgruppe auf dem Weg nach Hause

Während der gesamten Exkursion begegneten uns die Kasachen stets mit ausgesprochener Gastfreundlichkeit, obwohl die Verhältnisse teilweise recht ärmlich waren. So erhielten wir Einblicke sowohl in traditionelle als auch in alltägliche Lebensweisen und erfreuten uns der kulinarischen Spezialitäten. Ob Schaschlik vom Grill, traditionelle Mante, selbst gebackene Baursaki, Katzenfisch aus dem Ile-Delta oder Caj, Kumys (vergorene Stutenmilch) oder Wodka: Wir wurden überall bestens versorgt und hatten die Gelegenheit, viel zu probieren.

Wir kommen wieder, wenn das möglich ist.

 

 

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