Endlich in den aktiven Tagebau !!! – Junior-Ranger im Neuseenland befahren den aktiven Tagebau „Vereinigtes Schleenhain“ im Süden von Leipzig und entdecken die Braunkohle hautnah

Im November 2021 war es endlich soweit. Die „Junior-Ranger im Neuseenland“ hatten die Möglichkeit, den noch aktiven Tagebau „Vereinigtes Schleenhain“ zu besuchen. Bei einer ausgiebigen Führung mit der Kollegin S. Tieg von der MIBRAG haben wir erfahren, wie ein (Braunkohle-)Tagebau funktioniert. Wir konnten die geologischen Schichten genauer unter die Lupe nehmen. Wo und wie wird die Braunkohle abgebaut? Was muss man alles machen, um an die Braunkohle heran zu kommen? Sie liegt ja schließlich nicht an der Oberfläche herum! Wie kommt die Braunkohle ins Kraftwerk? Ist Braunkohle gleich Braunkohle? Was kommt eigentlich nach dem Tagebau? Diesen und vielen weiteren Fragen sind wir auf den Grund gegangen. Einen kleinen Bericht zu unseren Aktivitäten an diesem Tag, zum Junior-Ranger-Projekt und den Inhalten könnt ihr hier nachlesen.

Text von Ronny Schmidt und Fotos von Dominique Wuntke und Ronny Schmidt

Nachdem wir uns im September 2021 mit den durch den Braunkohle-Bergbau verloren gegangenen Orten beschäftigt hatten (am Beispiel des Tagebau Espenhains) und uns im Bergbau-Technik-Park die unterschiedlichen Großgeräte schon mal aus der Nähe ansehen konnten, hat es im November 2021 endlich mit einem gemeinsamen Termin im Tagebau „Vereinigtes Schleenhain“ geklappt. Zusammen mit der Kollegin S. Tieg von der MIBRAG haben wir in einem großen geländegängigen Mannschaftstransportwagen (MTW) den noch aktiven Tagebau erkundet. Das riesige „Gefährt“ hat uns dabei von einer Station zur nächsten innerhalb des Tagebaus gefahren. Es hat ordentlich geruckelt. Die „Straßen“ durch das Bergbaugelände waren nur an wenigen Stellen befestigt. Für die angehenden Junior-Ranger war es ein riesiger Spaß. An den einzelnen Stationen konnten Frau Tieg, aber auch Ronny Schmidt von der GeoWerkstatt entsprechende Ausführungen machen. Ausgerüstet mit Helm und Schutzbrille ging es los!

Der Tagebau „Vereinigtes Schleenhain“ ist einer von nur noch zwei aktiven Tagebauen im Süden von Leipzig. Es ist der letzte Tagebau in Mitteldeutschland auf sächsischer Seite. Der zweite noch aktive Tagebau bei Profen befindet sich bereits in Sachsen-Anhalt. Der Tagebau „Vereinigtes Schleenhain“ umfasst mehrere Abbaufelder. Dazu zählen das Abbaufeld Schleenhain, Peres sowie das Groitzscher Dreieck. Die Braunkohle im Untergrund lagert in 4 Flözen und wird überwiegend mit Großgeräten gewonnen. Während wir bei der letzten Veranstaltung im Bergbau-Technik-Park stillgelegte oder wie manche meinen „nur eingemottete“ Großgeräte besichtigt haben, konnten wir hier bei unserer Führung die Großgerätetechnik noch in Aktion sehen. Insgesamt sind im Tagebau 9 Tagebaugroßgeräte im Einsatz. Darunter u.a. riesige Schaufelradbagger, Absetzer und Eimerkettenbagger. Weitere Technik, die zum Abbau der Braunkohle genutzt wird, sind mobile Gewinnungs- und Fördertechnik, der Kohlemisch- und Stapelplatz sowie ca. 38 km Bandanlagen.

Die Fahrt in den Tagebau begann an einem Innenaussichtspunkt im Abbaufeld Schleenhain. Das Laub der Blätter war zum Großteil schon von den Bäumen gefallen und somit hatten wir einen tollen Blick über die z.T. bizarr anmutende „Mondlandschaft“. Hier im Abbaufeld Schleenhain wird gerade die „letzte“ Braunkohle des Abbaufeldes gefördert. Gleichzeit wird bereits am anderen Ende des Abbaufeldes (Richtung Neukieritzsch und Deutzen) der Tagebau wieder verschüttet. Der Abraum, der an anderer Stelle abgebaggert werden muss, um an die darunter liegenden Schichten Braunkohle zu kommen, wird hier wieder mit riesigen Absetzern verkippt. Während sich der Tagebau an der „Vorderseite“ also immer weiter in die Landschaft frisst, wird er an der „Rückseite“ im ausgekohlten Gelände wieder mit Abraummaterial verfüllt. An der ersten Station gab es aber nicht nur einen Überblick über das Tagebaugelände, sondern auch erste Ausführungen zum Tagebau selbst, wie die Braunkohle vor ca. 20-45 Millionen Jahren im Tertiär entstanden ist, den Aufschluss (den Start!) des Tagebaus im Jahr 1949, zum Staub und Lärmschutz , den größten Schmalspurbahnbetrieb Europas, mit dem die Kohle und der Abraum bis 1994 transportiert wurde sowie zu den heutigen Bandanlagen und zur Funktion des Massenverteilers.

Bis zur zweiten Station im Abbaufeld Schleenhain ging es über unwegsames Gelände und ohne richtige Straßen hinein zu einem der Eimerkettenbagger mit Raupenfahrwerk (ERs 710 von TAKRAF 353). Dieser wurde 1984 gebaut und jede(r) Schaufel / Eimer fasst dabei ein Volumen von 0,710 m³ Kohle (oder Abraum). Erneut waren die Junior-Ranger erstaunt über die gewaltigen Ausmaße dieser Großgeräte. Während die Technik vom Aussichtspunkt noch „klein“ auszusehen schien, ist das noch einmal etwas ganz (!) anderes, wenn man direkt daneben stehen darf. Frau Tieg erläuterte uns die Funktion des riesigen Gefährts und wann und wo es zum Einsatz kommt.

An der dritten Station ging es dann mal nicht direkt um die Braunkohle. Wir haben am so genannten „Findlingsgarten“ gestoppt. Findlinge? Was ist das und warum liegen die hier im Tagebau herum? Kurz zusammengefasst: In den quartären, eiszeitlichen Sedimenten, die noch oberhalb der Braunkohle abgelagert wurden, gibt es nicht nur Sand, Ton, Lehm oder Löss. In den Grundmoränen finden sich auch eiszeitliche Geschiebe, die man auch als Findlinge bezeichnet. Diese z.T. bis zu  1m³ großen Gesteine stammen in der Regel aus Skandinavien und wurden mit den Eismassen u.a. nach Mitteldeutschland geschoben (deshalb: Geschiebe). Heute sind diese Geschiebe ein Ärgernis im Tagebaubetrieb und können für die Tagbaugroßgeräte z.T. „gefährlich“ sein. Die so genannten Findlinge müssen abtransportiert oder auch gesprengt werden. Die schönsten Findlinge befinden sich hier. Darunter auch solche mit riesigen Gletscherschliffen. Beim Transport mit dem Eis über z.T. 1000 km und mehr aus Skandinavien bis nach Leipzig wurden diese an der Unterseite des Eises abgeschliffen (vgl. Foto). Und natürlich hatten die Junior-Ranger auch die Möglichkeit an einem kleinen Haufen aus Geschieben das eine oder andere schöne Stück für die eigene Sammlung mit nach Hause zunehmen.

Weiter ging die Fahrt durch den Tagebau vorbei am „Ohse-Blick“ ins Abbaufeld Peres. Hier wird aktuell und bis zum Kohleausstieg 2038 (oder ggf. noch etwas früher?) Braunkohle gefördert. Die geförderte Kohle geht nahezu vollständig in das benachbarte Kraftwerk Lippendorf, wo daraus Strom erzeugt wird. Jährlich werden hier im Tagebau „Vereinigtes Schleenhain“ ca. 10 Millionen Tonnen Braunkohle pro Jahr gefördert – ca. 30.000 Tonnen davon werden jeden Tag im Kraftwerk „verheizt“ und in Strom und Wärmeenergie umgewandelt!

Auf dem Weg zur nächsten Station sind wir am so genannten Massenverteiler vorbeigekommen bzw. durchgefahren. Hier laufen sämtliche Bandanlagen aus dem Tagebau zusammen. Sowohl der Abraum als auch die geförderte Braunkohle werden an dieser Stelle weiterverteilt. Der Abraum wird aktuell auf den ausgekohlten Flächen im Abbaufeld Schleenhain verkippt und wie oben bereits angedeutet, der Tagebau auf der „Rückseite“ wieder langsam verfüllt. Die geförderte Braunkohle hingegen wird zum Kohlemisch- und Stapelplatz Peres weitergeleitet. Hier werden bis zu 400.000 Tonnen Rohbraunkohle zwischengelagert, getrocknet und „durchmischt“. Von Peres aus liefert die überdachte Bandanlage die Braunkohle direkt in das nahegelegene Kraftwerk Lippendorf. Massenverteiler war auch das Stichwort für die Junior-Ranger. Jeder konnte sich natürlich auch hier ein paar Stücke Braunkohle mit nach Hause nehmen als Erinnerung.

An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an die spannende und interessante Führung von Frau S. Tieg von der MIBRAG sowie die vielen Gesteins-, Sediment- und Kohleproben. Auch die nächsten Veranstaltungen versprechen spannend zu werden.

Schluss war aber hier noch lange nicht. Nach einem aufregenden Tag im Tagebau „Vereinigtes Schleenhain“ haben wir natürlich noch einen Abstecher zum Kraftwerk Lippendorf gemacht. Wir wollten ja unbedingt wissen, wohin die gerade auf dem Kohlemisch- und Stapelplatz bewegte Braunkohle kommt. Das Kraftwerk selbst kann mit einer Führung aktuell nicht besucht werden. Wir hatten aber die Gelegenheit, die Ausstellung im Besucherzentrum zu besuchen. Spannende Sache!

Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushalts.

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